0. Einleitung
1. Das partnerschaftliche Beziehungskonzept von Thomas Gordon
Das Leben in Gruppen, und somit auch zwischenmenschliche Kontakte, hat für Personen eine überragende Bedeutung. Dieses ist ein Sachverhalt, der zum einen von der Soziologie, u. a. in Gestalt der Sozialisationstheorie1, und zum anderen aber auch von der Psychologie in Form der Entwicklungstheorie2 thematisiert wird:
Menschen werden in die Familie hineingeboren. Zunächst entsteht ein enger Kontakt zwischen einer Bezugsperson (in der Regel die Mutter) und dem Säugling. Sodann erweitern sich die Kontaktpersonen innerhalb der Familie und der Verwandtschaft.
Nachfolgend tritt das Kleinkind aus der Familie hinaus und besucht den Kindergarten, wo es mit altersgleichen Kindern und Kindergärtnerinnen zu tun hat.
Schließlich löst die Schule den Kindergarten ab. Im Kindergarten und mehr noch in der Schulzeit entstehen erste Freundschaften.
Im Laufe der ersten Lebensjahre werden, so lehrt die Entwicklungspsychologie, durch Reifung und Kontakt in Primärgruppen soziale Fertigkeiten ausgebildet, die es dem Kind immer besser ermöglichen zu interagieren.
Die Gruppen, denen Menschen angehören, verändern sich des Weiteren mit dem Eintritt von Jugendlichen in den Ausbildungs- und nachfolgend den Berufsbereich. Schließlich gehen mit dem Erwachsenwerden Personen mit dem anderen oder ggf. auch mit dem eigenen Geschlecht langfristige Beziehungen ein, die begleitet werden von dem Großziehen der eigenen Kinder.
Verlagert sich die Betrachtung von Kontakten vom Lebens- hin zum Tagesablauf, so wird die Bedeutung von Kontakten noch einmal bestätigt. Erwachsene Menschen stehen ggfs. morgens mit einem Partner auf und gehen mit diesem auch abends zu Bett. Daneben ergeben sich Kontakte zu anderen Menschen während des gesamten Tages:
Ist man berufstätig, so begegnet man nach dem Verlassen der Wohnung auf dem Weg zur Arbeit, bei Benutzung von öffentlichen Nahverkehrsmitteln, anderen Menschen, die gleichfalls zur Arbeit fahren.
Am Arbeitsplatz arbeitet man mit anderen zusammen.
Nach der Arbeit trifft man sich mit Freunden oder geht nach Hause, wo möglicherweise schon der Partner auf einen wartet etc..
Wenn Menschen mit anderen zusammen sind, so verbringen sie mit ihnen zeitweise sowohl eine harmonische als auch konfliktreiche Zeit. Letzteres begründet sich daraus, dass Menschen häufig unterschiedliche Interessen/Bedürfnisse haben. Es stellt sich dann die Frage, in welcher Weise man mit Verschiedenheit umgeht. Je nachdem, wie dies geschieht, werden Beziehungen als belastend oder bereichernd erlebt.
Wie man mit unannehmbarem Verhalten Dritter in geeigneter Weise umgeht ist u. a. Gegenstand von Beratung auf wissenschaftlicher Grundlage, so z. B. die Veränderung von unannehmbarem Kindverhalten auf verhaltenstherapeutischer Grund-lage3.
Neben dem Beratungsbereich existiert jedoch auf dem Büchermarkt eine „Ratschlagsliteratur“, die sich auf verschiedene Lebensbereiche bezieht und dem Leser Möglichkeiten aufzeigen will, wie er auf unannehmbares Verhalten Dritter besser reagieren kann.
Neben einer auf Ratschlägen basierenden Wissensvermittlung bieten bestimmte Autoren zusätzlich auch Trainingsprogramme an4.
Dem Bereich der „Ratschlagsliteratur“ (einschließlich eines Anbietens von Trainingsprogrammen) zugehörig ist nun das Partnerschaftliche Beziehungskonzept von Thomas Gordon, das für unterschiedliche Lebensbereiche auf der Grundlage bestimmter Wertvorstellungen (Haltungen) partnerschaftliche Methoden des Umgangs mit unannehmbarem Verhalten Dritter anbietet.
Die nachfolgende Aufsatzsammlung hat nun das Ziel, dem Leser Vorstellungen von Thomas Gordon näherzubringen. Zugleich werden Themen im Umfeld des partnerschaftlichen Beziehungskonzepts behandelt:
Zunächst wird über das Gordonsche Beziehungskonzept in allgemeiner Weise informiert (1.). Rekurriert wird hierbei vornehmlich auf Adams/Lenz „Beziehungskonferenz“ sowie auf Thomas Gordons „neue Beziehungskonferenz“. Die Darstellung wird dabei ergänzt durch zusätzliche Informationen hinsichtlich der verschiedenen Themen, es werden zudem neue Themen hinzugefügt, und letztlich wird die Darstellung des Beziehungskonzepts durch zahlreiche eigene Beispiele angereichert.
Thomas Gordon wendet das Beziehungskonzept vornehmlich auf Beziehungen an, in denen Personen eine unterschiedliche Machtfülle haben. Dies gilt dann im einzelnen für die von ihm in Form unterschiedlicher „Konferenzen“ dargestellten Bereiche der Familie, Schule, Medizin und Beruf. Ansprechpartner sind dabei die mächtigeren Personen wie Eltern, Lehrer, Ärzte, Führungskräfte:
2. Zielgruppe
Die Aufsätze thematisieren in allgemeiner Weise und hinsichtlich bestimmter Beziehungsbereiche partnerschaftliche Verhaltensweisen beim Umgang mit unangenehmem Verhalten Dritter und deren Problemen.
Sie wenden sich deshalb einmal an Personen, die ihr Verhalten insgesamt partnerschaftlich ausrichten möchten und zum anderen an solche (Eltern, Erzieher, Lehrer, Vorgesetzte, Lebenspartner), die in bestimmten Beziehungsbereichen ihr Verhalten als unbefriedigend wahrnehmen und es deshalb verbessern möchten.
Darüber hinaus sollen Personengruppen angesprochen werden, die von Berufs wegen (Diplom-Pädagogen, Sozialarbeiter und Sozialpädagogen) mit Personen im familiären-, Schul-, Berufs- oder Partnerschaftsbereich arbeiten.
1 Zu nennen ist hier u. a. Talcott Parsons mit seinen Beiträgen in „The Social System“, „Sozialstruktur und Persönlichkeit”, “Family, Socialization and Interaction Process”
2 siehe hierzu u. a. die „Entwicklungspsychologie“ von Oerter und Montada
3 vgl. z. B. Belschner, Wilfried et al : „Verhaltenstherapie in Erziehung und Unterricht“
5 „Familienkonferenz (1970)“, „Familienkonferenz in der Praxis“ (1976), „Die neue Familien-konferenz“ (1989)
6 u. a. Dinkmeyer Sr., Don et al: „STEP – Elternhandbuch“
7 u.a. Markie-Dadds, Carol: „Das Triple P Elternarbeitsbuch“
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4. Erweiterungen des partnerschaftlichen
Beziehungskonzepts von Thomas Gordon
Das ist nun das Ende einer Artikelserie, die sich ganz allgemein mit Thomas Gordons Beziehungskonzept und im besonderen mit seiner Anwendung in verschiedenen Beziehungsbereichen befasst hat. Dabei wurde auch Wert gelegt auf einen Vergleich des Gordon-Modells mit verschiedenen anderen Konzepten. Das hatte dann auch dazu geführt, dass in verschiedenen Artikeln jeweils Überlegungen mit angestellt wurden, in welcher Weise sich das Beziehungskonzept von Thomas Gordon noch erweitern lässt. Hierauf soll nun noch einmal in einem Gesamtzusammenhang eingegangen werden.